In der Homeschooling-Diskussion, überhaupt wenn es um's Lernen geht, dann ist immer die Rede von Kindern bzw. Jugendlichen. Als sei Lernen allein für die Kindheit reserviert. Dabei ist Lernen ein Lebensprozess, der niemals aufhört, der immer und überall stattfindet, egal ob ich 5, 15 oder 55 bin.
Wenn ich meinen Kindern selbstbestimmtes Lernen ermögliche, selbst aber in meiner Entwicklung stecken bleibe oder weiterhin schulisch denke/fühle/lerne, kann ich authentisch meine Kinder begleiten?
Kann ich überhaupt über selbstbestimmtes Lernen philosphieren, wenn ich es selbst nicht erlebe? Bin ich nicht weiter in Gefahr meine Wünsche auf meine Kinder zu übertragen, anstatt meine eigenen Schätze und Talente zu entdecken?
Ich nehme mal an, dass jeder Erwachsene wenigstens ansatzweise beginnt sich von alten Mustern zu befreien, wenn er beginnt, sich mit selbstbestimmtem Lernen zu befassen.
Aber reicht das aus?
Ich merke bei mir selber wie oft ich immernoch in 'schulmuster' denke und lerne. Wie wenig ich meinen inneren Impulsen und Gefühlen vertraue, wie verkopft ich bin.
Wie können wir diese Muster aufbrechen?
Wie können wir als Erwachsene wieder
echt selbstbestimmt lernen und leben? Ist das überhaupt möglich?
Glaubt ihr, dass ihr selbsbestimmt lernt?
Ich habe das Gefühl - nein bin überzeugt, dass ich schon sehr viel selbstbestimmter bin, als ich es früher einmal war.
Nach meiner Schulzeit war es für mich ungeschriebenes Gesetz, dass man, wollte man etwas lernen, immer einen Lehrer brauchte. Ich traute mir selber nicht zu, etwas RICHTIG zu lernen, ich dachte, man müsste auf alle Fälle von irgendjemand professionellen belehrt werden, um etwas können zu können.
So habe ich viele Dinge fortgeschoben, die ich gern gemacht hätte, einzig und allein weil ich mir den Unterricht nicht leisten konnte.
Erst durch Lisas Vater entdeckte ich das Lernen wieder. (hatte ich im alten Blog schon einmal drüber geschrieben.) Ich erschloss mir den Computer, html, schreiben im 10-Finger-System, begann an neuen schwereren Klavierstücken zu arbeiten, brachte mir das Kochen und Brotbacken bei und noch vieles mehr.
Auf einmal gab es unendlich viele Möglichkeiten, so vieles zu entdecken, das Leben war so viel reicher.
Trotzdem blieben viele schulische Muster erhalten: das mich-selbst-bewerten, Vergleichen, Strukturiern, das Evaluieren (was ist wertvoller zu können/wissen, etc. im Hinblick auf das, was gesellschaftlich/schulisch erwartet wird - das spielt sich eher unbewusst ab), das Scheuen von Improvisation, Zurückgreifen auf schulische Lernmethoden, anstatt zu probieren und meinen eigenen Weg zu finden.
Ein gutes Beispiel dafür ist mein Gitarrelernen:
Zuerst konnte ich mich auf der Gitarre bis auf Akkorde garnicht zurechtfinden. Improvisieren fast unmöglich. Also habe ich mir Bücher besorgt und zuerst systematisch danach gearbeitet. Ich habe Erfolge erzielt, und hatte das Gefühl etwas zu schaffen, weil ich mich Übung für Übung durchs Buch arbeitete.
Ich dachte, wenn ich jeder Übung mache, dann ist das am besten.
Aber ich wurde unruhig und unzufrieden.
Es dauerte eine Weile, bis ich einfach anfing durch das Buch zu blättern und mir Stücke nach meinem Geschmack auszuwählen, egal, ob sie gerade dran waren oder nicht. Das machte mir wieder mehr Spaß, und ich machte wieder einen Schritt vorwärts.
Also wagte ich einfach ein anderes Buch mit schwereren Stücken, die eigentlich noch nicht 'dran' gewesen wären. Dennoch war es wesentlich erfüllender für mich an richtigen Stücken zu arbeiten, als Übungen zu machen.
Irgendwann begann ich zu Improvisieren, und es klappte viel besser, als zuvor. Es machte mir das erste mal Spaß!
Wieder ein Sprung nach vorn: Ich konnte meine Songbegleitungen etwas interessanter gestalten - nicht nach Notenbild, System oder mit Tonlehre im Hinterkopf, sondern nach Gehör.
Und so werde ich jetzt weiter arbeiten. Nach Impuls, nach Gefühl. Es hat mich viel weiter gebracht, als nach 'Schule' zu üben.
Die Frage ist: Kann ich das auch auf das erlernen einer Sprache anwenden?
Auf das erlernen von Tanz?
Und alles weitere?
Ich bin gespannt! :-)