Songbirds ... a family blogs!

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Freitag, 7. November 2014

Erinnerungen

 

Es ist jetzt schon wieder fast drei Monate her, dass wir von unserer langen Fahrradtour nach Hause zurück gekehrt sind. Im Nachhinein wirkt alles ein bisschen unwirklich, so weit entfernt - wie das immer so ist.

In letzter Zeit tauchen allerdings immer öfter Erinnerungsausschnitte von der Reise in meinem Kopf auf, ohne dass ich sie bewusst heraufbeschworen hätte. Ich stehe gerade am Herd, und plötzlich sehe ich uns in Utrecht, wie wir mit Couchsurfer L. und seinem chinesischen Gast an den Grachten entlang spazieren und er uns ein bisschen Geschichte zukommen lässt. Die Kinder sind an diesem Tag reichlich aufgedreht und albern, finden es aber trotzdem toll, von dem Teufel zu hören, der an einen Stein gekettet wurde, und den Hintergrund zu den einzelnen Buchstaben, die in die Pflastersteine gemeistelt sind, zu erfahren. (Das längste Gedicht der Welt)

 kleiner Laden im Freilichtmuseum bei Arnheim

 Haaring-Verkäufer in Scheveningen

Oder ich hole meine Kinder mit dem Auto von der Schule ab, und finde mich in Gedanken ganz unerwartet am Strand bei Scheveningen, wo der Wind uns den Sand über die Haut gefegt hat, dass es prickelte und wir ins Wasser liefen bis unsere Hosen ganz nass waren. 

 Ins Meer laufen bei DenHaag

Auf der Fähre von Hoek van Holland

Im Bett fällt mir wieder ein, wie wir verzweifelt durch DenHaag irrten, um den Weg zu unsere Unterkunft zu finden. Wir mussten uns durch ein Wirrwarr aus Straßenbaustellen fädeln, und hier und dort jemanden nach der Richtung fragen. Der Verkehr war der reinste Irrsinn, und unsere Nerven waren angespannt. Trotzdem war es aufregend und hat uns ein bisschen Spaß gemacht, und unser Couchsurfing-Gastgeber war ein super-netter Mensch mit viel Humor und Großzügigkeit!

Blick vom Berg bei Watten in Frankreich


Unter der Dusche muss ich auf einmal lächeln, weil ich mich daran erinnere, wie ich in Münster eigentlich als Straßenmusiker auftreten wollte und dann (gottseidank?) feststellte, dass zwei Saiten meiner Gitarre gerissen waren.

Reiten in Warendorf :-)

Vorgestern hat meine Familie eine Wanderung auf den Harzer Brocken unternommen. Bis kurz unter dem Gipfel war es wunderschön und toll zu laufen und zu klettern. Die Kinder hatten sehr viel Spaß, und ich fand den Wald um mich herum sehr inspirierend (ich sammele überall Eindrücke für's Schreiben). Doch dann, kurz vor dem Gipfel, schlug das Wetter extrem um. Wir waren umgeben von Wolkendunst, orkanähnliche Windböen fegten uns den Regen ins Gesicht, und wir froren.

Zurück zu wandern war für die Kinder keine Option, also beschlossen wir nach einer Tasse heißen Kakao mit der Dampfeisenbahn wieder hinunter zu fahren. Im Zug blickte ich aus dem Fenster, musste schmunzeln und meinte zu meinem Sohn: „Weißt du noch in England? Als wir sonntags in Deal bei Wind und Regen Steine gesammelt haben und ich Angst hatte, dass du ins Meer gepustet wirst? Danach haben wir dann in der Bibliothek Unterschlupf gefunden und Bücher angeschaut.“ Jonas Augen leuchteten auf und er nickte. „Da war es soooooo gemütlich!“ 

Naturschutzgebiet bei Arnheim

Komischerweise tauchen die schönen Momente viel öfter in meinem Geist auf, als die Schwierigen oder weniger Schönen, die es natürlich auch gegeben hat.

Ich denke da an die sengende Hitze und die brennende Sonne, die uns ganz schön zu schaffen gemacht hat. Sogar Nellie bekam einen Sonnenbrand, und das will ja was heißen! Manchmal war es so unerträglich, dass wir vorübergehend in einer Kirche pausierten, um ein bisschen abzukühlen.

Dann wiederum gab es den ein oder anderen Regentag, der uns überraschte und es so gut wie unmöglich machte, weiter zu fahren. Wenn wir dann bei einem netten Couchsurfer zu Besuch waren, der uns einlud, noch einen Tag länger zu bleiben, dann hatten wir Glück. Wenn nicht, mussten wir uns etwas einfallen lassen. Einmal bauten wir uns ganz schnell einen Unterschlupf aus Isomatten und Zweigen. (Die Kinder haben diesen Tag natürlich als ganz besonders tolle Erinnerung abgespeichert!)

Erschöpfung, mental und körperlich, ließ uns manchmal genervt oder gereizt reagieren. Ab und zu eskalierte es in richtigen Streit, was zur Folge hatte, dass meine große Tochter mit ihrem Rad davon fuhr, und ich befürchtete, wir könnten sie verlieren...

viel Wind zwischen den holländischen Inseln 

 Regen und Sturm in Südengland

 Abkühlung in Brunnen...

 ...oder in schönen Kirchen.

Und dann gab es Tage, an denen es eine Herausforderung war, ein Quartier zu finden. Entweder waren alle Campingplätze vollkommen belegt, oder es gab weit und breit einfach keinen. Dann mussten wir bei jemandem klingeln und fragen, ob wir vielleicht im Garten zelten dürften. Wir wurden, bis auf einmal, nie abgewiesen und haben uns immer sehr gut versorgt gefühlt! (Und das ist ja wiederum eine sehr schöne Erinnerung.)

Camping im Garten


Gute Erinnerungen tragen unser Leben, heißt es in einem japanischen Sprichwort.

Vor allem als Familie kreieren gemeinsame, positive Erinnerungen ein starkes Band von Zusammengehörigkeit und ermöglichen ein Gefühl von Identität, erhöhen das Selbstbewusstsein und sind eine starke Kraftquelle während schwieriger Lebensphasen.
Diese Erinnerungen machen es wert, dass wir die Anstrengungen und Strapazen auf uns genommen und durchgehalten haben. Unser Ziel vor Augen behielten und an uns glaubten.
Jeder von uns hat für immer dieses kleine, geheime Kästchen voller Bildern und Ausschnitten, Anekdoten und Erlebnissen im Herzen, die ihn für den Rest des Lebens begleiten werden.
Ein Geschenk.
 

5 Kommentare:

  1. Ich bin sicher, dass euch die Erinnerungen an die außergewöhnliche Reise noch lange begleiten werden! Übrigens schön, wieder von dir zu lesen, wie geht es dir denn sonst so?
    LG, Micha

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    1. Danke, uns geht es sehr gut. Wir haben allerdings sehr viel zu tun! ;-)

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  2. Sehr, sehr schön geschrieben schwesterherz!

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  3. Immer wenn ich in der Schule, oder sonst wo, bin und ich irgendwas mache oder irgendwas passiert erinnere ich mich ganz plötzlich an etwas aus der Reise. :D

    LG Töchterlein

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