Songbirds ... a family blogs!

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Dienstag, 22. Juni 2010

Lernen mit Vertrauen und Geduld


Als Unschooler muss man eine Menge Vertrauen und Geduld mitbringen, wenn man den Kindern ihren ganz eigenen Lernweg zugestehen will.

Jedes Kind lernt auf seine eigene Art und Weise und Kinder bahnen sich ihren Weg ganz unterschiedlich durch die Lernlandschaft.

Im Grunde bin ich vollkommen überzeugt vom Unschooling. Unschooling ist der Weg, der sich aus unendlich vielen verschiedenen Wegen zusammensetzt und alles zulässt.
Dennoch muss ich mich oft zurücknehmen; ich bemerke, wie sich meine Vorstellungen und Erwartungen in den Vordergrund drängen und wie sich Zweifel bemerkbar machen wollen. Ich erinnere mich an meine eigene Kindheit, denke daran zurück, was ich in welchem Alter schon alles konnte und übertrage dies auf meine Kinder.

Doch: Stop!
JEDES Kind lernt ANDERS - in einem ANDEREN Tempo - zu ANDEREN Zeiten - auf ANDERE Art und Weise. Auch meine eigenen Kinder.
Wenn ich mit 5 schon lesen konnte, heißt das nicht, dass meine Tochter dasselbe können wird. Vielleicht interessiert sie sich nicht für's Lesen bevor sie ihren 10.Geburtstag feiert...oder vielleicht noch später.
Wenn ich mit 7 Jahren Klavier spielen wollte und ganz offensichtlich musikalisch war, heißt das nicht, dass mein Sohn dasselbe Interesse entwickeln wird. Vielleicht ist er nicht einmal musikalisch. Vielleicht entdeckt er seine Liebe zu einem Instrument aber auch erst mit 12.
Wenn ich kein Mathe konnte und alle Naturwissenschaften gehasst habe, heißt das nicht, dass ich meine Kinder frühstmöglich in dieser Hinsicht fördern muss, damit sie es einmal leichter haben als ich.
Jedes Kind macht seinen Weg! Es wird DEN Weg gehen, der für ihn/sie angemessen ist und ihm entspricht. Vielleicht bedeutet das, dass meine Tochter einmal KEIN Abitur machen wird. Vielleicht bekommt sie sogar nur einen Hauptschulabschluss. Vielleicht möchte mein Sohn einmal Handwerker werden anstatt zu studieren oder vielleicht machen sich meine Kinder selbständig oder werden Selbstversorger. Genausogut könnten sie künstlerisch oder freiberuflich tätig sein, oder nach einem Doktortitel streben.
Alles ist drin! Und das ist das spannende an diesem Weg.
Jahr für Jahr entdecken wir mehr und mehr, was in unseren Kinder steckt und aufblüht und Früchte trägt.

Meine älteste Tochter Lisa hat heute die 2. Klasse abgeschlossen. Seit 2 Jahren ist sie in einer Schule, die sie nicht beschult.
Niemand hat sie bisher unterrichtet und dennoch hat sie unheimlich viel gelernt!
Vielleicht nicht dasselbe, was Regelschüler der 2. Klasse lernen müssen.
Z.B. liest sie zwar ab und an in Büchern, ist aber immernoch nicht flüssig.
Sie kann auch Großbuchstaben schreiben und ein bisschen Schreibschrift - aber es kostet sie noch eine Menge Anstrengung.
Mathematische Aufgaben rechnet sie nur im Kopf - Zahlen schreibt sie immernoch spiegelverkehrt.
Es ist bei ihr ganz offensichtlich:
Sie sitzt nicht gern still, um sich zu konzentrieren und schriftliche Aufgaben findet sie nicht wirklich spannend.
Gemeinsam mit den Lehrern haben wir festgestellt, dass Lisa sehr praktisch orientiert ist. Handwerken, Schmieden, Malen, Töpfern, Bauen findet sie unheimlich toll und die Kulturtechniken interessieren sie bisher nur nebensächlich.
Klar! Lesen ist notwendig, und meist liest sie, wenn sie muss, wenn sie etwas wissen will (die Schildchen zu ihren Sammeltierchen, Computeranweisungen, Packungsaufschriften, Produktbeschreibungen, Spielanleitungen, etc.), und wenn sie mir eine Nachricht hinterlassen möchte, dann kann sie auch schreiben. Aber etwas mit den Händen zu kreieren ist tausendmal spannender!
Wie überrascht war ich vor ein paar Tagen, als sie mir einen ganzen Karton Töpferwaren von der Schule mit nach Hause brachte, die schon richtig toll aussehen! Schalen, Figuren, eine Tasse für mich, eine Schatzkarte, ein Bild und noch einiges mehr.

Mein Sohn auf der anderen Seite lernt ganz anders als Lisa. Er lernt sehr intensiv über das Gehör. Er hört etwas und kann es sehr schnell auswendig wiedergeben. Er hat ein großes Interesse an Musik und kann sich Melodien sehr schnell merken. Buchstaben kann er schreiben, aber noch nicht benennen, genauso schreibt er seitenweise Zahlen auf.
Praktisch ist er allerdings auch interssiert: Er bastelt unheimlich gern mit Papier, er kocht und backt (manchmal selbständig, manchmal mit mir) und baut natürlich gern, wie die meisten Jungs. :-)

Wir brauchen uns keine Sorgen darüber machen, ob unsere Kinder von sich aus lernen. Sie tun es - in jedem Augenblick ihres Lebens! Kulturtechniken sind nicht alles. Sie helfen uns weiter und sind ein nützliches Werkzeug, aber wieviel mehr gibt es zu lernen und zu entdecken! Die Kulturtechniken werden nebenbei angeeignet, weil sie nötig sind, wie das Laufen und Sprechen. Und dem einen fällt dies leichter, bei dem anderen dauert es etwas länger.

"Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken." ~ Galileo Galilei